Schlagwort-Archiv: Leben

Selbstbestimmtes Leben auf japanische Art

Persönliche Assistenz
Menschen mit Behinderungen in Japan bekommen zwar Persönliche Assistenz, aber sie können sich das biologische Geschlecht der Assistent:innen nicht aussuchen.

Die Tatsache, dass Menschen mit Behinderungen sich die oder den Assistenten:in nicht aussuchen dürfen, gilt allgemein und trifft nicht nur in Heimen oder stationär im Krankenhaus zu. Das begünstigt sexualisierte Gewalt an Frauen mit Behinderungen, weil sich viele Frauen unwohl fühlen und sich nicht dagegen wehren können.

Die Finanzierung der Persönlichen Assistenz erfolgt direkt an Assistenzanbieter und ist von Stadt zu Stadt unterschiedlich geregelt. In größeren Städten ist die Finanzierung aber eher sehr gut und ermöglicht rund um die Uhr Assistenz.

Vor allem in ländlichen Gebieten ist es schwierig, (ausreichend) Persönliche Assistenz zu bekommen, weil es schwieriger ist, Assistent:innen zu finden.

Das Thema Bildung und Schule
Seit der Einführung des Gesetzes zur Unterstützung von Menschen mit Entwicklungsverzögerungen im Jahr 2005 konzentrierten sich Inklusionsbemühungen in Japan auch auf Kinder und Jugendliche mit Lernschwierigkeiten.

Seit einer Gesetzesänderung 2016 wird der Schule die Entscheidung über die Feststellung einer Entwicklungsverzögerung bzw. den schulischen Förderbedarf überlassen.

Die meisten Kinder und Jugendlichen in Japan besuchen Regelschulen. Individuelle Förderung an Regelschulen findet statt, indem Kinder, je nach Förderbedarf, einzeln oder in Kleingruppen, ein bis acht Stunden die Woche zusätzlich zum Regelunterricht begleitet und unterstützt werden.

Förderklassen haben eine einstellige Klassengröße mit eigenem Lehrplan und sind teilweise an Regelschulen angebunden, die je nach pädagogischen Möglichkeiten auch 10 – 20 Stunden gemeinsamen Unterricht mit der Regelklasse vorsehen.

Es gibt aber auch nach wie vor Sonderschulen, weil die Regelschulen ab der 10. Schulstufe fixe Quoten zur Inklusion von Schüler:innen mit Lernschwierigkeiten haben. Das ist einer der Gründe, weshalb Schüler:innen mit Behinderungen zwar gesetzlich das Recht auf Inklusion haben, es aber sein kann, dass sie keinen Platz in einer Regelklasse bekommen.

Öffentlicher Verkehr
Der öffentliche Verkehr in japanischen Städten ist sehr gut barrierefrei ausgebaut. Ein wesentlicher Unterschied zu Österreich ist, dass in großen Städten oft mehrere Verkehrsunternehmen operieren, mit denen die Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen einzeln zum Thema Barrierefreiheit verhandeln müssen.

Quelle: Bizeps

Wie Taubblinde das Leben erfühlen

Liebe Leserinnen und Leser,

Verantwortlich für den folgenden Text ist: Mittelbayerische Bayern-Nachrichten

Lucas kann weder sehen noch hören – so wie 9000 andere Bundesbürger. Der Bub lernt, die Welt mit Händen zu greifen.

Würzburg. Lucas ist neun Jahre alt. Wenn andere Kinder in seinem Alter nicht zuhören möchten, halten sie sich die Ohren zu. Lucas ist taubblind.
Seine Hände sind für ihn sein Schlüssel zur Welt. Mit Handbewegungen beschreiben seine Gesprächspartner Dinge und Tätigkeiten – ähnlich wie bei der Gebärdensprache. Nur dass Lucas die Bewegungen nicht sieht, sondern sie erfühlt. Er gebärdet taktil. Möchte er keinen Kontakt, entzieht er anderen Menschen seine Hände.
Heute möchte Lucas Kontakt. Der Neunjährige mit dem hellblonden Kurzhaarschnitt ist seit seiner Geburt taubblind. Seitdem wird er vom Würzburger Blindeninstitut gefördert. Seit fünf Jahren lebt er hier in einer Wohneinrichtung, gemeinsam mit vier weiteren Jungen aus Bayern. Das Blindeninstitut begleitet seit mehr als 160 Jahren sehbehinderte Menschen in Würzburg, seit 40 Jahren gibt es einen Förderschwerpunkt für Taubblinde.

Erzieherin Stefanie Tröster führt Lucas in den Wohnraum. Sie geht hinter ihm her und hält ihn sanft an beiden Armen. Nach ein paar Schritten lässt Lucas los, tastet sich an der Wand entlang und geht allein in die Küche. Tröster bereitet ihm eine Kiste mit Essen vor, die sie gemeinsam an seinen Platz an der Stirnseite des Tisches tragen. Die Erzieherin teilt Lucas mit, dass er nun essen kann. Dafür legt sie ihre Hände unter seine – die Hände des Sprechers liegen beim taktilen Gebärden immer unten – und führt seine Hand zum Mund, die Gebärde für Essen. Danach streicht sie mit ihrer Hand über seine. Lucas versteht: Er soll sich sein Brötchen schmieren. Nacheinander nimmt Lucas die Gegenstände aus der Kiste, fühlt die Brottüte und hält sich die Wurstpackung ganz dicht vor sein linkes Auge. „Auf dem linken Auge hat Lucas einen winzigen Sehrest, mit dem er noch Farben wahrnehmen kann”, sagt Tröster. Da die Sehkraft weniger als zwei Prozent beträgt, ist er per Definition blind. 9000 Taubblinde gibt es nach Schätzung der Arbeitsgemeinschaft der Taubblinden bundesweit, der Bayrische Blinden- und Sehbehindertenbund spricht von 370 Taubblinden in Bayern. Wie viele es genau sind, wird statistisch nicht erfasst, wie bei Blinden.
Lucas gebärdet beim Essen von seinem Tag. In der Schule war er beim Schwimmen. An seinen Fingern zählt er ab – noch fünfmal schlafen, dann darf er wieder ins Becken. Lucas’ Gebärden sind teils allgemeinverständlich, wie das „Ja”: eine Faust, die wie der Kopf nickt. Teils erschaffen er und seine Betreuer eigene Zeichen.
Jede Person in Lucas’ Umfeld bekommt eine Gebärde. Sein Mitbewohner Patrick hat kurze fransige Haare. Die Gebärde für ihn ist Streichen über die Stirn. „Besonders wichtig sind für Lucas Erkennungsarmbänder, an ihnen erfühlt er Personen”, sagt Taubblindenassistentin Tabea Sadowski. Sie hat ihrem Schüler einen Großteil des taktilen Gebärdens beigebracht. Ihr Schützling hat ein Cochlea-Implantat, das Audiosignale an das Gehirn überträgt. Seit einem Dreivierteljahr kann Lucas damit etwas hören, aber seine Betreuer sind sich nicht sicher, ob er bereits in der Lage ist, Sprache von anderen Geräuschen zu unterscheiden. Barbara Büchner trainiert Lucas’ Mobilität – übt mit ihm, sich zu orientieren. „Lucas ist sehr neugierig, was ungewöhnlich für taubblinde Kinder ist”, sagt sie. Nicht sehen und nicht hören – Leben ohne die zwei wohl wichtigsten Sinne, wer könnte das schon? Lucas kann. Er nutzt seinen Körper als Maßeinheit. Auch sein Blindenstock hilft ihm. Lucas misst alles aus. Den Weg zur Schule kennt der Neunjährige auswendig, sein Gedächtnis ersetzt seine Augen.

Informationen von:
https://www.mittelbayerische.de/bayern-nachrichten/wie-taubblinde-das-leben-erfuehlen-21705-art1790477.html

Dieser Newsletter beinhaltet Neuigkeiten aus ganz Deutschland und wird von Taubblinden-Info (www.taubblinden-info.org) verschickt.
Wir sammeln und verteilen Informationen über Veranstaltungen und andere Nachrichten, die für taubblinde Menschen interessant sind.
Bitte schicken Sie Meldungen an news@taubblinden-info.org und lesen Sie vorher unsere Regeln der Zusammenarbeit.
© Taubblinden-Info
Redaktion: Sven Fiedler
Kontakt: sven.fiedler@tbl-info.org

Newsletter Anmeldung oder Abmeldung:
news@taubblinden-info.org

Daisy Buchvorstellung

Lieber Leser meines Blogs,

heute möchte ich Euch einige Büchertipps mitteilen die für den einen oder anderen interessant sein können.
Ich sehe diese Bücher nicht als Allheilmittel, sondern lediglich als Anregung an. Denn es ist oftmals doch beruhigend zu wissen, dass man mit seinem Problem doch nicht so ganz allein da steht. Natürlich entscheiden muss dann jeder für sich selbst. Ein Buch kann einem vielleicht eher zu einem entscheidenden Prozess, eine andere Denkungsweise verhelfen.
Hier also die Büchertipps.
Damit Kinder groß und stark werden: Vier neue DAISY-Bücher für Erwachsene

*Das große Buch für Babys erstes Jahr: das Standardwerk für die ersten 12 Monate. Von Dr. Stephan Nolte und Annette Nolden.
München: Gräfe und Unzer, 2013.

Das kurze und wichtige erste Lebensjahr bringt für Babys und Eltern große Entwicklungen und Veränderungen mit sich. Das Buch stellt fünf Themen in den Vordergrund: “Willkommen im Leben”, “Stillen und füttern”, “Schlafen und trösten”, “Monat für Monat” und “Babys Gesundheit”. Klar verständlich, wissenschaftlich fundiert und mit einem ganzheitlichen Blick, z. B. auf das soziale Miteinander, die Stressbewältigung und Gesundheitsressourcen der Eltern, gibt das Buch viele Tipps und zentrale Informationen, um Babys erstes Jahr zu begleiten und dem Kind ein wohlwollendes, förderndes Umfeld zu geben. Meilensteine der Entwicklung zeigen, wie sich das hilflose
Neugeborene zu einem energischen Kleinkind entwickelt, jedes Kind in seinem eigenen Tempo. “Nie wieder lernt ein Mensch so viel wie im ersten Lebensjahr,” schreiben die Autoren. Ihr Buch hilft, dem Wachsen und Gedeihen eines Babys gelassener gegenüberstehen zu können und einen guten Kontakt zum Kind aufzubauen.

Gelesen von Stefanie Pach, 19 Stunden 43 Minuten, Euro 29,99 zuzüglich Versand, Bestellnummer 17032. Nähere Infos zur Buchproduktion und den Autor, einen Marburger Kinderarzt, erhalten Sie unter http://www.dvbs-online.de/php/dvbs-pr557.htm

*fasd: Lebenslang durch Alkohol. Herausgegeben von FASD Deutschland e. V. und dem BKK Bundesverband.

Die Abkürzung “FASD” steht für die “Fetale Alkohol Spektrumsstörung” (Fetal Alcohol Spectrum Disorder). Sie entsteht durch Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft. Menschen mit dem fetalen Alkoholsyndrom sind ihr gesamtes Leben geschädigt, ein “normales” Leben in der Gesellschaft ist nur wenigen Jugendlichen und Erwachsenen möglich. Viele Kinder mit FASD haben Aufmerksamkeitsdefizite, Verhaltensprobleme oder fallen durch stark herausforderndes Verhalten auf. FAS gilt als nicht heilbar, durch Fördermaßnahmen können lediglich bestimmte Aspekte (Sprache, Verhalten, Motorik, Wahrnehmung) verbessert werden.

Die Broschüre von FASD Deutschland e. V. klärt über Krankheitsbild und Probleme im Alltag auf, sensibilisiert sorgeberechtigte und pädagogische Fachkräfte und zeigt Hilfemöglichkeiten. Beleuchtet werden dabei die Bereich Schule, Alltag Ausbildung und Arbeitsmarkt. Dargestellt werden auch die Schutzfaktoren für die Entwicklung eines Kindes mit FAS.
Gelesen von Selina Pohl, 1 Stunde 28 Minuten lang, Dank Förderung durch den BKK kostenlos erhältlich. Bestellnummer 16992.

*Kindern von Suchtkranken Halt geben: Fakten, Risiken, Hilfen. Herausgegeben vom BKK Bundesverband und vom Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe Bundesverband e. V. Essen, 2011. Erweiterte und aktualisierte Fassung mit dem Vermerk: “Kinder suchtkranker und psychisch kranker Eltern”.

Kinder brauchen Erwachsene, die ihnen Halt geben und die ihnen helfen, ihre grundlegenden Bedürfnisse nach Essen, Schlafen, Sicherheit und körperlicher Unversehrtheit zu befriedigen. Die Broschüre informiert darüber, was es für Kinder und Familien bedeutet, wenn Vater und/oder Mutter psychisch krank sind, welche Auswirkungen das Suchtverhalten der Eltern auf Kinder haben kann, und welche Unterstützung diese Kinder – und ihre Eltern – benötigen.
Es geht nicht darum, Kinder und Jugendliche zum “neuen Klientel” der
Suchtkrankenhilfe zu machen. Vielmehr sollen Erwachsene für das Thema
sensibilisiert werden um zu sehen, wie die Situation zu verbessert werden kann, wenn ein Kind ihre Hilfe sucht.

Gelesen von Selina Pohl, 2 Stunden und 2 Minuten lang. Dank Förderung des Bundesverbandes BKK kostenlos erhältlich. Bestellnummer 16997.

*Schritte inklusiver Schulentwicklung: Erkenntnisse für die barrierefreie Teilhabe hochgradig sehbehinderter und blinder Kinder und Jugendlicher an inklusiven Bildungsprozessen. Von Ursula Böing. Würzburg, Edition Bentheim, 2013.

“Die erfolgreiche Inklusion sehgeschädigter Schülerinnen und Schüler bedarf in jedem Fall einer blindenpädagogischen Expertise. Diese muss auch organisatorisch abgesichert sein”, so ein Fazit aus einem Partizipationsworkshop, zu dem die LVR-Louis-Braille-Schule in Düren im Frühjahr 2012 eingeladen hatte. Der Austausch wurde von Studierenden der Universität Köln dokumentiert und anschließend ausgewertet. Die Autorin arbeitet am Lehrstuhl Pädagogik und Didaktik bei Menschen mit geistiger Behinderung in Köln und war zehn Jahr an der LVR-Lois-Braille-Schule in Düren tätig. In der Schule findet seit den 1980er Jahren gemeinsamer Unterricht von blinden und sehbehinderten Kindern (“Förderschwerpunkt Sehen”) sowie Kindern ohne Sehproblemen statt. Die Schrift stellt Ausgangssituation, Analyse und Ergebnisse vor. Stichworte sind: Integrationshilfen, soziale-emotionale Integration, Tätigkeit der Lehrperson, mediale Ausstattung und didaktische Aspekte, Aufnahme und Ausschluss von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf, Eltern und Familien.

Gelesen von Selina Pohl, 1 Stunde 26 Minuten lang, Euro 10,50 zuzüglich Versand, Bestellnummer 17092.

Bestellungen richten Sie bitte an den DVBS-Textservice, Frauenbergstraße 8, 35039 Marburg, Telefon 06421 94888-22,
E-Mail: textservice@dvbs-online.de


Weitere Buchvorstellungen auf meiner Webseite