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Großes Verbändebündnis macht sich für ein barrierefreies Deutschland stark

Liebe Bloggemeinde,

anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung, der alljährlich am 3. Dezember begangen wird, hat ein Verbändebündnis eine Initiative für mehr Barrierefreiheit gestartet. Der DBSV beteiligt sich an dieser Initiative in der Überzeugung, dass es ein großes Bündnis braucht, um der Barrierefreiheit zum Durchbruch zu verhelfen. Das Ziel ist insbesondere, die Privatwirtschaft mit gesetzlichen Vorgaben zu Barrierefreiheit zu verpflichten. Lesen Sie hier die heutige Pressemitteilung des Verbändebündnisses:

Berlin, 2. Dezember 2016. In einer gemeinsamen Erklärung fordert der Sozialverband VdK Deutschland mit anderen Verbraucher-, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden die Bundesregierung auf, umfassende Barrierefreiheit, also die Zugänglichkeit aller Lebensbereiche, für Menschen mit Behinderung oder Beeinträchtigungen herzustellen.

Bereits 2009 hat sich die Bundesrepublik mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet, geeignete Maßnahmen für eine barrierefreie Gesellschaft zu treffen. Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht der Verbände unverständlich, dass bisherige Gesetzesänderungen noch lange nicht alle Vorgaben erfüllen. Solange etwa die privaten Anbieter von Gütern und Dienstleistungen von der Verpflichtung zur Barrierefreiheit ausgenommen bleiben, sind Menschen mit Behinderung oder Beeinträchtigungen als Kunden und Patienten benachteiligt. Die Verbände fordern konkret, alle Lebensbereiche so zu gestalten, dass sie auch von allen Menschen, egal ob mit oder ohne Behinderung, genutzt werden können: Öffentlich zugängliche Gebäude, Wohnungen und medizinische sowie pflegerische Einrichtungen ebenso wie Verkehrsanlagen und Verkehrsmittel oder Informations- und Kommunikationsmedien.

Barrierefreiheit kommt allen zugute. Menschen mit Behinderung profitieren davon ebenso wie Ältere, Eltern, Kinder oder Menschen, die zeitweise mobilitätseingeschränkt sind.

Die Erklärung, die auch den Parteien vorgelegt wird, die sich zur Bundestagswahl stellen, kann hier abgerufen werden: www.vdk.de/permalink/71116

Der Pressemitteilung sind Statements von Vertretern der an dem Bündnis beteiligten Verbände beigefügt. DBSV-Präsidentin Renate Reymann äußert sich an dieser Stelle wie folgt: „Blinde Menschen orientieren sich taktil und akustisch. Mit dem ‚Zweisinneprinzip‘ kann für sie Umwelt barrierefrei gestaltet werden. Sehbehinderte Menschen brauchen Kontraste und Beleuchtung. Blinde wie auch sehbehinderte Menschen erhalten Zugang zu digitalen Medien und Anwendungen, wenn sie nach den Regeln der Barrierefreiheit konzipiert sind. Was für Menschen mit schwerer Seheinschränkung Teilhabe sichert, schafft Komfort auch für Brillenträger, Menschen mit Leseproblemen und viele andere. Deshalb brauchen wir verbindliche Schritte zu mehr Barrierefreiheit, eine Initiative: Barrierefreies Deutschland.“

Bundesteilhabegesetz verweigert sehbehinderten Menschen die Unterstützung

Liebe Bloggemeinde,

das Bundesteilhabegesetz ist angetreten, um mehr Teilhabe für behinderte Menschen zu ermöglichen. Stattdessen soll nun sehbehinderten Menschen Unterstützung verweigert werden. Lesen Sie dazu die folgende DBSV-Pressemitteilung von heute:

Nicht behindert genug fürs Studium

Berlin, 24. Oktober 2016. Am 7. November 2016 findet die Anhörung zum Bundesteilhabegesetz statt. Aus diesem Anlass weist der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) darauf hin, dass sehbehinderte Menschen durch die geplanten Regelungen massiv schlechter gestellt werden.

Im Moment haben sehbehinderte Menschen mit einem Sehvermögen von bis zu 30 Prozent grundsätzlich Anspruch auf Eingliederungshilfe, sie dürfen also beispielsweise Hilfsmittel oder Vorlesekräfte fürs Studium beantragen. Der Gesetzentwurf des Teilhabegesetzes sieht jedoch vor, dass nur noch derjenige Leistungen erhält, der eine sogenannte “erhebliche Teilhabeeinschränkung” hat. Bevor über den eigentlichen Antrag auf Eingliederungshilfe entschieden wird, ist erst einmal der Nachweis zu erbringen, dass man in mindestens fünf von neun Lebensbereichen nicht allein zurechtkommt, also auf ständige personelle oder technische Hilfe angewiesen ist. Zu den Lebensbereichen gehören unter anderem Selbstversorgung (Waschen, Anziehen, Essen etc.), häusliches Leben (Einkaufen oder Wohnung putzen), Mobilität und die Pflege der Beziehungen zu anderen Menschen. “Viele sehbehinderte Menschen fallen damit aus dem System”, konstatiert DBSV-Präsidentin Renate Reymann.

Dies wird am Beispiel von Sebastian T. deutlich. Der 24-jährige hat ein Sehvermögen von 20 bis 25 Prozent und studiert technische Informatik. Wegen seiner Sehbehinderung wird ihm eine Studienassistenz finanziert, die beispielsweise in Vorlesungen erklärt, was an die Wand projiziert wird. Ohne Assistenz wäre es ihm unmöglich, dem Unterricht zu folgen. Sein Problem: “Im Alltag komme ich gut zurecht. Ständige Unterstützung brauche ich ausschließlich im Studium – und nicht etwa in vier weiteren Bereichen, wie es in den Regelungen des neuen Bundesteilhabegesetzes vorgesehen ist, um Unterstützung zu erhalten. Das bedeutet, ich müsste meine Assistenz, wenn das Gesetz unverändert in Kraft tritt, selbst bezahlen, weil ich dann nicht mehr als ‘behindert genug’ angesehen würde. Von den 450 Euro BAföG, die mir im Monat zur Verfügung stehen, könnte ich mir das nicht leisten.”

Sebastian T. ist leider kein Einzelfall. Renate Reymann sieht nun die Bundesregierung in der Pflicht: “Es kann nicht sein, dass aufgrund einer unausgegorenen Regelung viele sehbehinderte Menschen massiv schlechter gestellt werden als bisher. Der Zugang zur Eingliederungshilfe ist nur einer von vielen Punkten, an denen das Bundesteilhabegesetz dringend nachgebessert werden muss.”

+++ DBSV-Aktion am 7. November vor dem Reichstagsgebäude +++

Blinde und sehbehinderte Menschen dürfen nicht zu den Verlierern des Teilhabegesetzes werden!

- Aktion aus Anlass der Anhörung zum Bundesteilhabegesetz
- Ort: Berlin, vor dem Reichstagsgebäude (Westseite/Platz der Republik)
- Zeit: Montag, 7. November 2016, 10:30-12:00 Uhr
Mehr Infos unter http://bthg.dbsv.org